Allgemein RNF

Republica 2015: Deshalb bin ich hier. #rp15

Lesezeit: 198 Sekunden


In diesen Minuten bin ich auf dem Weg nach Berlin zur re:publica. Wieder einmal. Wie eigentlich jedes Jahr. Und wie jedes Jahr habe ich mich gefragt: „Ist es die Reise wirklich wert?“ Doch, das ist sie. Die eigentliche Überschrift der #rp15 „Finding Europe“ alleine hätte mich vermutlich nicht die Koffer packen lassen. Was die Konferenz für mich interessant macht, ist die in diesem Jahr erstmals voll integrierte Media Convention.

IMG_0003
Der Blick zurück: Bereits in den vergangenen Jahren spielten Selbstverständnis und Zukunft von Medien und Journalismus eine eine wichtige Rolle im Programm. Die Vorträge und Panels waren häufig Wegweiser und Labor für unsere Branche. Ich erinnere mich an Sessions mit Markus Hündgen und Bertram Gugel über das Drehen von Videos mit Spiegelreflexkameras und die mögliche Rolle von YouTube in einer sich immer weiter diversifizierenden Medienwelt. Damals waren wir noch weit weg davon, „YouTuber“ als mögliches Berufsbild anzuerkennen. Das ist mal eben vier bis fünf Jahre her. In einem Raum im Hinterhof der Kalkscheune diskutierten vielleicht zwei Dutzend Medienmenschen – größer war das Interesse nicht. Das hat sich geändert, und darauf hat sich auch die re:publica eingestellt.

Im vergangenen Jahr beispielsweise hörten in einem sehr viel größeren Raum als der Kalkscheunenhinterhofbutze an die fünfhundert Besucher dem YouTuber LeFloid zu, der abseits des Medienmainstreams für inzwischen 2,5 Millionen Abonnenten in seinen Videos das Weltgeschehen einordnet und kommentiert – im Prinzip also eine Nachrichtensendung macht. Von seinem Arbeitszimmer aus, die Regeln des klassischen Videoschnitts über den Haufen werfend, plakativ argumentierend. Und damit trifft er einen Nerv. 2014 war er noch ein Star in einem Medien-Paralleluniversum; heute gehören YouTuber wie LeFloid vermutlich in jedem Haushalt mit halbwegs pubertierenden Jugendlichen dann und wann zum Familiengespräch. YouTube-Formatkopien, etwa #3sechszich des WDR, fanden in den vergangenen Monaten ihren Weg bis ins öffentlich-rechtliche Fernsehen und übersprangen so die Mediengrenze. Kurz: Heute ist YouTube Mainstream – und die re:publica hatte diese Entwicklung früh erkannt.

Als „klassischer“ Medienmensch muss man das, was auf YouTube zurzeit passiert, nicht gut finden. Ich habe zum Beispiel ein Problem damit, dass „Einzelkämpfer“ ohne redaktionelle Rückkoppelung oder Qualitätsprozesse journalistische Funktionen übernehmen – zumindest stellte sich Le Floid bei seinem #rp14-Auftritt als eine solche unabhängige One-Man-Show dar. Dennoch muss man diese Entwicklungen wahrnehmen, das Radar neu kalibrieren, den eigenen Horizont erweitern. Die re:publica ist in diesem Sinne gewissermaßen eine Trendkonferenz. Das gilt für den Video- und Fernsehjournalismus genau so wie für die anderen Gattungen. Denn ähnlich wie im Falle YouTube bearbeitete die Republica in den vergangenen Jahren beispielsweise die Themenkomplexe Roboterjournalismus und Datenjournalismus früh und profund.

IMG_0302

Der Blick heute: Auch in diesem Jahr geht es um den Wandel in den Medien, um erweiterte Modelle des Journalismus, um Ethik, um Erlösmodelle – und zwar in einer vollständig in die Republica integrierte Media Convention. 

Die hier besprochenen Themen werden nicht sofort und nicht unmittelbar Einfluss auf unsere Arbeit beim Rhein-Neckar Fernsehen haben, und doch können diese Diskussionen helfen, auch unsere Strategie in der Programmplanung und -distribution zu erweitern oder zu verfeinern.
Es wird wieder viele Fragen geben und kaum Antworten. Aber es werden Strömungen aufgezeigt werden, die uns beim Regionalfernsehen vielleicht erst in einigen Jahren konkret interessieren. Mal platt gesagt: Die YouTube-Kids von heute wachsen erst in ein paar Jahren in die Altersklasse hinein, in der sie sich für regionale Information interessieren bzw. interessieren müssen. Weil sie in ihre Rollen als Entscheider, Eltern oder gesellschaftlich Engagierte hineinwachsen und damit auch ihr direktes Umfeld abscannen müssen. Wir wissen heute noch nicht, wie sie das tun werden und welches Device ihnen dann dabei helfen wird. Allerdings sollten wir als „Informationsaufbereiter“ in der Lage sein zu beurteilen, welche Darreichungsform ihnen attraktiv erscheint und dabei gleichzeitig die Kriterien eines zeitgemäßen seriösen Journalismus beachten. Die Antenne dafür auf Empfang zu halten – deshalb bin ich auf der re:publica.