Metropolregion Rhein-Neckar

„Die neuen Rollen müssen noch gelernt werden“

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Beim Neujahrsempfang verteidigt Mannheims Oberbürgemeister Dr. Peter Kurz die Bürgerbeteiligung und wirbt für Visionen.

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Bei seiner Rede auf dem Neujahrsempfang der Stadt Mannheim am 6. Januar hat Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz ein neues Verständnis von regionaler Demokratie gefordert. Im voll besetzten Mozartsaal des Kongresszentrums Rosengarten sagte er, dass das Jahr 2012 der Stadt umfangreiche Herausforderungen und viele Projekte von weitreichender stadtplanerischer Bedeutung gebracht habe: die Konversion frei werdender militärischer Flächen, die Bewerbung um die Bundesgartenschau 2023, die Ausgestaltung des Glückstein-Quartiers sowie der Ausbau der Stadtbahn Nord. Die tiefgreifende Umgestaltung der Quadrate Q6 und Q7, die in der Bauphase erhebliche Auswirkungen auf die Innenstadt hat, bedeuteten das größte Bauprogramm seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Er räumte ein, dass die Verwaltung in der Kommunikation dieser Projekte zuweilen überfordert gewesen sei.

Als Zuhörer fühlte man sich in diesem Zusammenhang an den Juli vergangenen Jahres erinnert: In der Diskussion um die Bundesgartenschau erhitzte die Idee eines Sees in der Feudenheimer Au die Gemüter – ein Beispiel, in dem die Kommunikation zumindest missverständlich war.

Dass es trotz intensiver Bemühungen um Beteiligung der Bürger an der Gestaltung der Projekte viel Kritik gegeben habe, sah Kurz in seiner Rede nicht als Widerspruch: Die neuen Rollen in der Politik der Beteiligung seien noch nicht gelernt, „es sind noch keine Regeln gemacht“. Es müsse so sein, dass die Kraft der Argumente zähle, nicht der Grad der Aufgeregtheit. Die Instrumente, die aus der Beteiligung erwachsen seien – etwa das Weißbuch -, seien wichtige Impulsgeber. Gleichwohl gäben sie nicht Antworten auf alle Fragen. Die Tragweite der dichten Ereignisse und Vorhaben des Jahres 2012 seien wohl erst mit einigem Abstand sichtbar.

Der Neujahrsempfang unter dem Motto „Die bewegende Stadt“ zielte aber vor allem auf die Ereignisse des neuen Jahres, in dessen Zentrum das „Internationale Deutsche Turnfest“ in der Region steht. Ereignisse wie diese seien Treiber für das Gemeinwesen und trügen zur Bekanntheit Mannheims bei. Das habe bereits der Katholikentag des Jahres 2012 gezeigt, so Peter Kurz in seiner Rede. Er plädierte für Ambitionen in der Stadt. Gerade die Bewerbungen als Kulturhauptstadt und für die Bundesgartenschau schürten Visionen, die zu einem qualitativen Wachstum beitrügen. Ein Beitrag zu diesem Qualitätsplus sei auch die Entscheidung für die neue Kunsthalle, die durch private finanzielle Beteiligung für die Stadt auch noch wirtschaftlicher sei als eine Sanierung. Der Neubau am Friedrichsplatz soll im Jahr 2017 fertig sein. Weitere Konzepte, die durch Visionen in der Konversion getragen werden sollten, seien eine Ingenieursmeile und ein E-Mobility-Cluster. Er warb dafür, Mannheimer und Nicht-Mannheimer für diese und andere Ideen zu begeistern: „Visionen werden wahr, wenn viele zu ihrer Realisierung beitragen.“ Die Diskussion solle über Parteigrenzen und Eigeninteressen hinweg geführt werden und die Sache in den Mittelpunkt stellen.

In seiner Rede skizzierte der Oberbürgermeister, dass das Jahr 2012 unter Haushaltsaspekten gut für die Stadt gewesen sei. Sie habe 30 Millionen Euro an Schulden abtragen und Rücklagen stärken können. Er wolle auch in Zukunft investieren und gleichzeitig „Strukturen überprüfen“ – sprich: sparen.

Als weitere Herausforderungen in der kommunalen Arbeit nannte er die weitere Optimierung der Kinderbetreuung. Die Zahl an fehlenden Hortplätzen habe von 1000 auf etwa 300 reduziert werden können. Außerdem setze sich das Rathaus mit der verstärkten Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien auseinander. Hier gehe es darum, die Neuankömmlinge zu integrieren und Ausbeutung, Schwarzarbeit und unwürdige Wohnverhältnisse abzustellen. Man sei hier durch die Zusammenarbeit verschiedener Institutionen auf einem guten Weg. Allerdings will Kurz hier den Bund finanziell in die Pflicht nehmen.

Die Ausschreitungen beim Kurden-Festival auf dem Mannheimer Maimarkt-Gelänge hätten nicht dazu geführt, dass das Zusammenleben der Kulturen beschädigt worden sei – auch dank eines bürgerschaftlichen Netzwerks in der Stadt, in das Migranten gut eingebunden seien.

Nicht zuletzt ging der Oberbürgermeister auf die Bedeutung der medizinischen Fakultät für die Quadratestadt ein. Sie sei ein integraler strukturpolitischer Bestandteil, um Mannheim zu einem bedeutenden Standort in der Medizintechnologie werden zu lassen.

Mehr zum Neujahrsempfang der Stadt Mannheim mit etwa 200 beteiligten Institutionen, Vereinen und Organisationen im Kongresszentrum Rosengarten sendet das Rhein-Neckar Fernsehen am Montag Abend in RNF Life.